Am 26. März 2025 verkündete das Oberlandesgericht Seoul in Südkorea das Urteil im Berufungsverfahren von Lee Jae-myung, dem Vorsitzenden der größten Oppositionspartei, der Demokratischen Partei Koreas. Das Gericht kippte das erstinstanzliche Urteil und befand Lee für nicht schuldig, gegen das Gesetz über die Wahl öffentlicher Amtsträger verstoßen zu haben. Diese Entscheidung markiert eine bedeutende Wende in dem Fall, der aufgrund seiner politischen Implikationen große Aufmerksamkeit erregt hat.
Urteil des Oberlandesgerichts Seoul: Lee Jae-myung für nicht schuldig befunden
In seiner Urteilsbegründung stellte das Oberlandesgericht Seoul fest, dass Lees Äußerungen während seiner Amtszeit als Bürgermeister von Seongnam in der Provinz Gyeonggi nicht als falsch angesehen werden könnten. Dazu gehörten Aussagen wie, Kim Moon-gi nicht zu kennen, den ehemaligen Leiter der ersten Abteilung der Seongnam Urban Development Corporation. Lee hatte auch behauptet, dass Änderungen der Flächennutzung in Baekhyeon-dong unter Druck des Ministeriums für Land, Infrastruktur und Verkehr vorgenommen worden seien. Das Gericht entschied, diese Aussagen seien nicht falsch. Somit wurde das Urteil der Vorinstanz aufgehoben und Lee Jae-myung für unschuldig erklärt.
Reaktion von Lee Jae-myung: Ein „selbstverständliches“ Urteil
Nach der Urteilsverkündung dankte Lee Jae-myung den Richtern für ihre „korrekte Entscheidung auf Basis von Wahrheit und Gerechtigkeit“. Er bezeichnete das Urteil als „eine selbstverständliche Entscheidung“ und kritisierte die erheblichen Ressourcen, die für die Verfolgung des Falls verschwendet worden seien. Lee forderte die Staatsanwaltschaft auf, ihr Vorgehen zu überdenken und die Verschwendung nationaler Ressourcen einzustellen.

Staatsanwaltschaft kann Berufung beim Obersten Gerichtshof einlegen
Nach dem Berufungsurteil hat die Staatsanwaltschaft weiterhin die Möglichkeit, den Fall vor den Obersten Gerichtshof Südkoreas zu bringen. Sollte das höchste Gericht eine Verurteilung bestätigen, könnte Lee Jae-myung sein Wahlrecht verlieren, was ihn effektiv von der nächsten Präsidentschaftswahl ausschließen würde.
Verflechtung von Lees Fall und der Amtsenthebung von Präsident Yoon Suk-yeol
Gleichzeitig steht Südkoreas Präsident Yoon Suk-yeol vor einem laufenden Amtsenthebungsverfahren vor dem Verfassungsgericht. Sollte Yoon seines Amtes enthoben werden, muss innerhalb von 60 Tagen eine vorgezogene Wahl zur Bestimmung eines neuen Präsidenten abgehalten werden. Falls der Oberste Gerichtshof Lees Fall nicht vor dieser vorgezogenen Wahl entscheidet, könnte dies den Weg für eine Präsidentschaftskandidatur Lees ebnen. Dies würde die politische Lage zusätzlich verkomplizieren. Der Ausgang von Lees Fall und das Amtsenthebungsverfahren gegen Präsident Yoon sind somit eng miteinander verflochten und werden die künftige Ausrichtung der südkoreanischen Politik prägen.
Vorherige Verurteilung und Forderungen der Staatsanwaltschaft
Im November letzten Jahres hatte das Bezirksgericht Seoul Central Lee Jae-myung zu einer einjährigen Haftstrafe verurteilt, die zur Bewährung ausgesetzt wurde. Lee war für schuldig befunden worden, während seines Präsidentschaftswahlkampfs gelogen und gegen das Gesetz über die Wahl öffentlicher Amtsträger verstoßen zu haben. Die Staatsanwaltschaft hatte in der letzten Anhörung am 26. Februar 2025 eine zweijährige Haftstrafe gefordert. Sie warf Lee vor, fälschlicherweise behauptet zu haben, Kim Moon-gi nicht zu kennen, den Leiter der Seongnam Urban Development Corporation, der wegen seiner Rolle in einem Korruptionsfall im Zusammenhang mit einem Immobilienprojekt in Seongnam untersucht wurde – einem Projekt, das während Lees Amtszeit als Bürgermeister vorangetrieben wurde. Zudem wurde Lee vorgeworfen, in einer parlamentarischen Überprüfung der Provinzregierung von Gyeonggi im Oktober 2021 falsche Angaben zur Flächennutzungsplanung eines weiteren Immobilienprojekts gemacht zu haben.
Rechtliche und politische Implikationen
Angesichts des noch laufenden Rechtswegs sind die politischen Risiken für Lee Jae-myung erheblich. Sollte der Fall den Obersten Gerichtshof erreichen und eine Verurteilung bestätigt werden, wären seine Präsidentschaftsambitionen gefährdet. Gleichzeitig bleibt die politische Zukunft von Präsident Yoon Suk-yeol ungewiss, da sein Amtsenthebungsverfahren weiterhin anhängig ist und die künftige politische Entwicklung Südkoreas zusätzlich unberechenbar macht. Die Verflechtung dieser beiden Fälle wird zweifellos erhebliche Auswirkungen auf die politische Ausrichtung des Landes in den kommenden Monaten haben.